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Open Science – Was ist damit gemeint?

Mit dem Begriff Open Science oder offene Wissenschaft ist die komplette Öffnung des Forschungskreislaufs gemeint: von der ersten Idee zu einem Forschungsvorhaben über die Generierung und Analyse von Daten bis hin zur Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und deren Nachnutzung.

Mögliche Öffnungsschritte an den einzelnen Stationen des Forschungskreislaufs sind:

Offene Ideenfindung und Antragsstellung

Im Sinne von Open Science finden Ideenfindung und Antragsstellung ganz oder teilweise öffentlich statt. Das bedeutet, dass entsprechende Anträge zum Einwerben von Mitteln sowie im Idealfall auch die Begutachtungsergebnisse zugänglich gemacht werden, um Transparenz zu schaffen.

Forschungsplanung mit Registrierung von Studien

Um Hypothesenbildung, Datensammlung sowie -auswertung voneinander zu entkoppeln, werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

  • Preregistration: Vorabregistrierung von Studien
  • Registered Reports: Vorabeinreichung bei einer wissenschaftlichen Zeitschrift mit Begutachtung der Methodik.

Mit beiden Vorgehensweisen wird unter anderem sichergestellt, dass Hypothesen im Nachhinein nicht angepasst werden. Forschung wird damit transparenter und glaubwürdiger. Zusätzlich dient insbesondere die Vorabregistrierung der Dokumentation des Forschungsvorhabens und verhindert Doppelarbeit. Mit einer Registrierung mittels Registered Reports ist sichergestellt, dass auch negative Ergebnisse, d.h. Ergebnisse die beispielsweise eine Hypothese nicht bestätigen, veröffentlicht werden. So wird auch dem sogenannten „Publikationsbias“ (engl. publication bias) oder „Schubladeneffekt“ (engl. file drawer effect) begegnet.

Auf den Seiten des Center for Open Science finden sich jeweils Informationen zu Umsetzungsmöglichkeiten und geeigneten Infrastrukturen.

Siehe auch

Vorabregistrierung von wissenschaftlichen Studien – Pre-Registration und Registered Reports: Was gibt es hierüber Wissenswertes?

Erzeugung von Daten und (offene) digitale Dokumentation der Arbeitsschritte

Bei der Erzeugung von Daten sowie der Dokumentation der Arbeitsschritte kommen zunehmend elektronische Laborbücher – engl. Electronic Lab Notebook (ELN) – zum Einsatz, eine digitale Variante des klassischen papiergebundenen Laborbuchs. Neben den Vorteilen einer digitalen Umgebung – wie zum Beispiel Zeitstempel, Verlinkung, Anbindung an andere Anwendungen im Forschungs­daten­manage­ment oder zu Analysetools, Such- und Filterfunktionen, Funktionalitäten zum gemeinsamen Arbeiten sowie Wiederverwendung von Vorlagen – bieten elektronische Laborbücher einen gewissen Schutz vor Datenverlust, beispielsweise durch unleserliche Handschrift oder Verlust des Papierhandbuchs. Verfolgt man den Open-Science-Ansatz konsequent, bedeutet dies schlussendlich auch die Öffnung des Elektronischen Laborbuchs im Sinne eines Open Lab Notebooks, um alle Ergebnisse offen zu legen und so Forschung zu beschleunigen und die Zusammenarbeit zu fördern.

ZB MED – Infor­mations­zentrum Lebens­wissen­schaften hat zum Thema „Elektronisches Laborbuch“ unter anderem einen ELN-Wegweiser zusammengestellt: Zum Wegweiser

Datenanalyse und offene Forschungssoftware

Gerade in den Lebenswissenschaften kommt zur Analyse von Daten häufig selbstgeschriebene Software zum Einsatz. Diese Software ist somit ein eigenständiges Arbeitsergebnis wissenschaftlicher Forschung, das essentiell für ein Verständnis der Ergebnisse ist. Im Sinne von Open Science sollte die Software auch zur Nachnutzung (u.U. geregelt durch eine entsprechende Lizenzierung) oder Weiterentwicklung zur Verfügung gestellt werden. Mindestens aber, um die damit generierten Ergebnisse nachvollziehbar und im Rahmen des Peer Review überprüfbar zu machen. Dies setzt insbesondere eine gute Dokumentation voraus.

Mit der Anerkennung von Forschungssoftware als eigenständiges Arbeitsergebnis geht auch einher, dass ihre Entwicklung den Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis unterliegt. Urheberrechtliche Aspekte (z.B. hinsichtlich der Verwertung) sowie Zitierregeln gelten hier ebenfalls.
An der Sicherstellung der Zitierfähigkeit von Software insbesondere durch die Vergabe von persistenten Identifikatoren und die Beschreibung durch Metadaten wird derzeit gearbeitet. Um die (Nach-)Nutzbarkeit von Forschungssoftware zu gewährleisten, werden außerdem die FAIR-Prinzipien (siehe unten) auf Software übertragen.

Zugänglichmachung von Forschungsdaten unter FAIR-Prinzipien

Im Sinne von Open Science sollten Forschungsdaten weitestgehend für die Nachnutzung zur Verfügung gestellt werden. In diesem Zusammenhang wird die Anwendung der FAIR-Prinzipien diskutiert, d.h. Forschungsdaten sollen „findable“ (auffindbar), „accessible“ (zugänglich), „interoperable“ (interoperabel) und „reusable“ (nachnutzbar) sein, um eine optimale Nutzung zu gewährleisten. Diese Prinzipien sehen hierbei aber nicht zwingend eine freie Verfügbarkeit vor, was insbesondere mit Blick auf Gesundheitsdaten nicht immer ohne weiteres zu realisieren ist. Hier hat sich die Forderung “As open as possible, as closed as necessary” durchgesetzt.

Als eine der Hauptherausforderungen für die Bereitstellung und Nachnutzung von FAIRen Forschungsdaten wurde die Notwendigkeit von disziplinspezifischen Infrastrukturen erkannt. In Deutschland wird hierzu eine Nationale Forschungs­daten­infra­struktur (NFDI) aufgebaut.

Möglichkeiten zur Identifikation von Forschungsdatenrepositorien entweder zur Recherche nach bereits vorhandenen Forschungsdaten oder zur Publikation eigener Daten bietet der Service re3data.

Die Publikation von Daten als Ergebnis wissenschaftlicher Forschung auch mit Blick auf den Reputationsaufbau gewinnt an Anerkennung. Forschungsdaten werden zunehmend als ein Ergebnis wissenschaftlicher Forschung und als zitierfähig angesehen. Beispielsweise über DataCite können für Forschungsdaten auch persistente Identifikatoren wie z.B. DOIs vergeben werden.

Neben der Nachnutzung ermöglicht die Zugänglichmachung von Forschungsdaten auch die Einbeziehung der Daten in das Peer Review und somit eine Erhöhung der Transparenz.
Eine zunehmende Zahl an wissenschaftlichen Zeitschriften fordert mittlerweile sogenannte „Data Availability Statements“ bei der Einreichung, in denen deklariert werden muss, ob, wie und wo die Daten zugänglich gemacht wurden.

Weitere Informationen zur Zugänglichmachung von Forschungsdaten finden sich auf den ZB MED-Seiten zum Thema Forschungsdatenmanagement. Zu den Seiten

Qualitätssicherung: Von Peer Review zu Open Peer Review

Mit der Öffnung des Begutachtungsprozesses ist die Hoffnung verbunden, die zahlreichen Schwächen der gängigen Peer-Review-Verfahren - wie beispielsweise unbrauchbare Gutachten aufzufangen.

Der Begriff „Open Peer Review“ ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Abstufungen der Öffnung der Begutachtung. So können beispielsweise die Namen von Begutachtenden sowie die Gutachten grundsätzlich oder nur nach Zustimmung von Autor:innen veröffentlicht werden.

Siehe auch

Peer Review: Warum ist es wichtig?

Open Access als Publikationsweg

Open Access als Zugänglichmachung von Publikationen – einhergehend mit der Einräumung von diversen Nutzungsrechten für Lesende sowie unter Wahrung der Rechte von Autor:innen – ist insbesondere in den Lebenswissenschaften weitestgehend etabliert.

Siehe auch

Open Access: Was ist damit gemeint?

Open Access vs. Closed Access: Was ist der Unterschied zwischen Publizieren in Open-Access-Zeitschriften und Publizieren in Zeitschriften, die nicht Open Access erscheinen?

Weitere Themen: Offene Zitationsdaten, Open Educational Resources, Open Innovation und Citizen Science

Während mit der Publikation der Forschungskreislauf geschlossen ist, werden im Zusammenhang mit Open Science weitere Themen diskutiert, die entweder übergeordnet sind oder einen Bezug zum Forschungskreislauf haben.

  • Offene Zitationsdaten: Freie Zugänglichmachung von Referenzen in Publikationen mit dem Ziel, darauf aufsetzend frei zugängliche Zitationsdatenbanken oder -analysetools zu entwickeln.
  • Open Educational Resources (OER): Übertragung von Open-Access- bzw. Open-Science-Prinzipien auf Lehrmaterialien, die allerdings nicht auf wissenschaftliche Publikationen oder sonstige Materialien in der Hochschullehre begrenzt sein müssen. Insgesamt werden also alle Formen der Lehre mitgedacht; gemeint sein können somit beispielsweise Info- oder Arbeitsblätter, Lehrbücher oder ganze Video-Kurse. Neben der verbesserten Zugänglichkeit von Lehrmaterialien für Lernende erleichtern OER auch den Austausch unter den Lehrenden und die Nachnutzung von fremden Materialien in der eigenen Lehre.
  • Open Innovation: Öffnung des Entwicklungsprozesses sowie die Steigerung des Potenzials durch Einbeziehung der Öffentlichkeit.
  • Citizen Science: Beteiligung der Öffentlichkeit am Forschungsprozess.

Open Science Policies

Viele akademische Einrichtungen, aber auch Organisationen der Forschungsförderung, geben sich zunehmend eine Open Science Policy, in der sie ihr Verständnis von offener Wissenschaft darlegen und Erwartungen hinsichtlich Open-Science-Praktiken gegenüber ihren Forschenden oder Mittelnehmer:innen deutlich machen. Zudem werden hier meist auch Unterstützungsangebote und Ansprechpersonen benannt. Diese Policies können entweder Empfehlungscharakter haben oder verbindlich sein. Forschenden sollten sich daher erkundigen, ob die eigene oder mittelgebende Einrichtung über eine entsprechende Open Science Policy verfügt.

Open Science, gute wissenschaftliche Praxis und Forschungsbewertung

Durch Offenheit und Transparenz als grundlegende Prinzipien wird Open Science auch als Möglichkeit gesehen, die gute wissenschaftliche Praxis zu unterstützen. Darüber hinaus wird eine Reform der Forschungsbewertung diskutiert, die Open-Science-Praktiken stärker in den Blick nimmt.

Siehe auch

Open Access: Was ist damit gemeint?
Peer Review: Warum ist es wichtig?

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Kontakt

Jasmin Schmitz,

Dr. Jasmin Schmitz

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Quellenangaben

Schapira, M., & Harding, R. J. (2019). Open laboratory notebooks: good for science, good for society, good for scientists. F1000Research, 8(87).

Katerbow, M. & Feulner, G. (2018). Handreichung zum Umgang mit Forschungssoftware. Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen.

Druskat, S. et al. (2022). Software publications with rich metadata: state of the art, automated workflows and HERMES concept [Preprint].

Hong, C. et al. (2022). FAIR Principles for Research Software (FAIR4RS Principles) (1.0). Zenodo.

Landi, A. et. al. (2020). The “A” of FAIR – As Open as Possible, as Closed as Necessary. Data Intelligence, 2(1-2), 47–55.

Ross-Hellauer, T. (2017). What is open peer review? A systematic review. F1000Research, 6(588).

Weiterführende Links

Schmitz, J. (2020). Offene Wissenschaft (Open Science) – ein Überblick. GMS Med Bibl Inf, 20(3):Doc25.

Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)
re3data
DataCite
Center for Open Science
Informationsstelle OER
Bürger schaffen Wissen

Ferguson, L. M. et al. (2021). Helmholtz Open Science Briefing: Gute (digitale) wissenschaftliche Praxis und Open Science: Support und Best Practices zur Umsetzung des DFG-Kodex „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ (Version 2.0). Potsdam, Helmholtz Open Science Office.

Open Science als Teil der Wissenschaftskultur. Positionierung der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom 11. Oktober 2022, Version 1, Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Angelaki, M. (2021). Model Policy on Open Science for Research Performing Organisations (RPOs). Zenodo.

Agreement on Reforming Research Assessment vom 20. Juni 2022. Science Europe. (abgerufen am 31.01.2023)

Towards a reform of the research assessment system: scoping report vom 26. November 2021. European Commission, Directorate-General for Research and Innovation.